Die parteilosen Bürgermeister – ein Trend auch in Hessen

Immer mehr Städte und Gemeinden in Hessen werden von parteilosen oder parteiunabhängigen Bürgermeistern regiert. Der Trend zur Unabhängigkeit auf kommunaler Ebene ist unübersehbar und wird durch Zahlen, Wahlergebnisse und lokale Beispiele gestützt. Nach Angaben des Hessischen Statistischen Landesamtes zeigen die Ergebnisse der letzten Direktwahlen, dass in zahlreichen Gemeinden parteilose Kandidatinnen und Kandidaten erfolgreich waren. Die aktuelle Tabelle des Landesamtes vom Mai 2024 weist eine wachsende Zahl von Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern aus, die ohne Parteibindung gewählt wurden. Besonders auf kommunaler Ebene scheint die Parteizugehörigkeit für viele Wählerinnen und Wähler an Bedeutung zu verlieren.

In Hessen gibt es inzwischen Dutzende Beispiele für parteilose Bürgermeister. Besonders auffällig ist die Entwicklung im Schwalm-Eder-Kreis. In Schwalmstadt wurde Tobias Kreuter im Juni 2022 mit 53,91 Prozent der Stimmen als parteiloser Kandidat gewählt. Auch in Felsberg setzte sich 2023 ein unabhängiger Bewerber durch und gewann die Stichwahl mit rund 67,7 Prozent der Stimmen. In Bad Zwesten wurde Achim Siebert 2021 als unabhängiger Bürgermeister mit 58,7 Prozent gewählt. Diese Ergebnisse zeigen, dass parteilose Kandidaten nicht nur in kleinen Gemeinden, sondern auch in mittelgroßen Städten Erfolg haben.

Ähnliche Entwicklungen finden sich im Werra-Meißner-Kreis. In der Gemeinde Weißenborn ist Thomas Mäurer seit 2011 als parteiunabhängiger Bürgermeister im Amt. Im Landkreis Waldeck-Frankenberg wurde Karsten Kalhöfer in Vöhl mit über 90 Prozent der Stimmen als parteiloser Amtsinhaber wiedergewählt. Beide Fälle belegen, dass parteilose Bürgermeister auch über mehrere Wahlperioden hinweg hohes Vertrauen genießen können.

Im Landkreis Kassel sind parteilose Amtsinhaber ebenfalls stark vertreten. In Ahnatal regiert Maik Mackewitz in zweiter Amtszeit ohne Parteizugehörigkeit, während Carsten Strzoda in Espenau im März 2020 als einziger Kandidat mit 91 Prozent der Stimmen bestätigt wurde. Die politische Landkarte im Landkreis Kassel zeigt eine deutliche Verschiebung: Die frühere Dominanz der SPD hat nachgelassen, während unabhängige und parteilose Bewerber zunehmend die Bürgermeisterämter übernehmen.

Auch im Wetteraukreis finden sich parteilose Amtsinhaber. In Hirzenhain wurde Timo Tichai mit 55,5 Prozent der Stimmen gewählt, nachdem er als parteiloser, aber von der CDU unterstützter Kandidat angetreten war. In Geisenheim im Rheingau-Taunus-Kreis konnte Christian Aßmann als unabhängiger Bürgermeister mit 84,7 Prozent der Stimmen wiedergewählt werden. Diese Fälle zeigen, dass parteilose Kandidaten selbst in politisch vielfältigen Regionen deutliche Mehrheiten erzielen können.

In Roßdorf im Landkreis Darmstadt-Dieburg ist Norman Zimmermann parteiloser Bürgermeister. Er wurde über die lokale Wählerliste „WiR“ gewählt, die unabhängig von den großen Parteien arbeitet. Auch in Abtsteinach, Gorxheimertal, Groß-Rohrheim, Lampertheim und Hirschhorn im Kreis Bergstraße traten in den vergangenen Jahren unabhängige oder parteilose Kandidaten erfolgreich an. In Bickenbach und Groß-Bieberau, beide im Landkreis Darmstadt-Dieburg, wurden bei den letzten Direktwahlen ebenfalls parteiunabhängige Bewerber gewählt oder kandidierten mit Erfolgsaussichten.

Das Hessische Statistische Landesamt weist in seiner Übersicht „Ergebnisse der jeweils letzten Direktwahlen“ vom Mai 2024 für zahlreiche Gemeinden den Träger des Wahlvorschlags als „parteilos“, „unabhängig“ oder „Freie Wähler“ aus. Diese Begriffe bezeichnen Kandidaturen ohne formale Parteizugehörigkeit, oft unterstützt von lokalen Wählervereinigungen oder Bürgerlisten. Nach Auswertung dieser Daten ergibt sich, dass parteilose Bürgermeister in Hessen in vielen Regionen bereits fest etabliert sind. Besonders in den Landkreisen Kassel, Schwalm-Eder, Bergstraße, Waldeck-Frankenberg und Main-Kinzig ist ihr Anteil deutlich gestiegen.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass sich die politische Kultur auf kommunaler Ebene verändert. Während die großen Parteien an Glaubwürdigkeit verlieren und es zunehmend schwer haben, Kandidaten vor Ort zu finden, treten immer mehr Menschen ohne Parteibindung an. Die Direktwahl des Bürgermeisters begünstigt diese Entwicklung, da Wählerinnen und Wähler stärker auf die Persönlichkeit und den lokalen Bezug der Kandidaten achten als auf Parteiprogramme. Parteilosigkeit wird vielfach als Ausdruck von Unabhängigkeit und Bürgernähe verstanden.

Allerdings bedeutet „parteilos“ nicht zwangsläufig politische Neutralität. Viele unabhängige Kandidaten haben zuvor einer Partei angehört oder werden im Wahlkampf von einer Partei oder einer lokalen Wählergruppe unterstützt. Dennoch bleibt der formale Status „parteilos“ ein starkes Signal an die Wählerinnen und Wähler. Er steht für Pragmatismus, Sachorientierung und den Wunsch, Politik weniger von Parteidisziplin und Ideologie leiten zu lassen.

Die Beispiele aus Hessen verdeutlichen diesen Wandel. Parteilosigkeit ist längst keine Ausnahme mehr, sondern vielerorts die Regel. Während auf Landes- und Bundesebene Parteien die politische Landschaft dominieren, entsteht auf kommunaler Ebene ein anderes Bild: Bürgermeister, die unabhängig von Parteistrukturen agieren und ihr Amt vor allem als Dienst an der Gemeinde verstehen. Der Trend zu parteilosen Rathauschefs spiegelt das Bedürfnis vieler Bürgerinnen und Bürger wider, Politik wieder näher am Alltag und an konkreten Problemen zu erleben.

Nach Angaben des Hessischen Statistischen Landesamtes, ergänzt durch zahlreiche lokale Presseberichte, ist damit zu rechnen, dass sich diese Entwicklung fortsetzt. Viele Parteien haben Schwierigkeiten, geeignete Kandidaten für kommunale Spitzenämter zu gewinnen, während unabhängige Bewerber mit glaubwürdiger lokaler Verankerung und persönlichem Engagement punkten. Hessen zeigt damit beispielhaft, wie sich die politische Landschaft im Kleinen verändert: weg von der Parteipolitik, hin zu individueller Verantwortung, Bürgernähe und Pragmatismus.

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